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John Dee

John Dee hatte ein sehr wechselvolles Leben. Während der Herrschaft von Maria I. (der Katholischen) wurde er der schwarzen Magie und Zauberei angeklagt. Elisabeth I. holte ihn aus dem Kerker und setzte ihn zu ihrem Hofastrologen und Berater ein. Dee entsprach in starker Weise dem Bild des Renaissancegelehrten, ,der begierig die gesamte Welt des zu seiner Zeit verfügbaren Wissens in sich aufnehmen wollte."1 Dazu gehörten gleichermaßen technisch-naturwissenschaftliche wie auch philosophisch-neuplatonische und esoterische Studien. Besonders im letztgenannten Bereich ist Dee zu einer gewissen Berühmtheit gelangt. In seiner Bibliothek befanden sich die Werke von Raimund Lull, Pico della Mirandola und - gleich in mehreren Exemplaren - De occulta Philosophia des Heinrich Agrippa von Nettesheim. Seine Beschäftigung mit der Mathematik, wie es in seinem Vorwort zu Euklid von 1570 zum Ausdruck kommt, verband sich mit einem starken Interesse an der Kabbala. Die Zahlenforschung im Bereich der niederen Sphären war für ihn vor allem deshalb interessant, weil er glaubte, darüber auch Aufschluß über die überirdische Welt bekommen zu können. Zusammengefaßt hat er sein System in einem astrologischen Zeichen, der ,Monas hieroglyphica", die er 1564 mit erklärenden Anmerkungen und einer Widmung an Kaiser Maximilian II. veröffentlichte. Das Symbol der Monas erscheint in der Chymischen Hochzeit auf der Einladung zur Hochzeit, die Christian Rosenkreuz von dem Engel überbracht wurde.2

Bedeutsam war 1582 das Zusammentreffen mit dem ehemaligen Notar Edward Talbot (1555-1597), dem wegen Betrugs beide Ohren abgeschnitten worden waren und der sich nun unter dem Namen Edward Kelly als Apotheker betätigte. Bei einem Goldschmied führte er Dee eine geglückte Transmutation vor, worauf Dee ihn als seinen Gehilfen anstellte. Mit Kelly beginnen die spiritistischen Experimente Dees. Dee berichtet, ein Engel in Gestalt eines Kindes habe sich am westlichen Fenster seines Studierzimmers gezeigt und ihm einen Kristall gegeben. Dee selbst konnte mit dem Kristall zunächst nichts anfangen. Erst als Edward Kelly als Medium hinzukam, sprachen Engel aus dem Kristall. Die Mitteilungen der Engel erfolgten in einer völlig unbekannten, henochisch genannten Sprache, die zusammen ein ganzes System der henochischen Magie bildeten. Dees Berichte über diese spiritistischen Sitzungen aus seinem Tagebuch wurden 1659 von Meric Casaubon (1599-1671) unter dem Titel , A True and Faithful Relation of what passed for many Years between Dr. John Dee [...] and some Spirits " veröffentlicht.3

John Dee war nicht nur spiritistisch, sondern auch politisch aktiv. In den Jahren 1583-1589 war er in Europa unterwegs und gelangte an den Hof Kaiser Rudolf II. in Prag. Die von ihm propagierte Generalreformation zur Harmonisierung der Weltgegensätze war weder protestantisch, noch katholisch, sondern spiegelt die religiöse Indifferenz mancher Renaissancegelehrten wider. Möglicherweise deshalb, wahrscheinlich aber wegen der sich durch die päpstlichen Nuntien ab 1584 immer stärker erhebenden Vorwürfe der schwarzen Magie und der Beschwörung böser Geister werden Dee und Kelly 1586 ausgewiesen. Damit begann der Abstieg. Als er 1589 nach London zurückkehrte, erreichte er seine einstige Stellung nicht wieder, sondern sah sich wachsenden Anfeindungen ausgesetzt. Nach einigen Jahren als Vorsteher eines College in Manchester starb er 1608 in Mortlake in großer Armut.4


1. Yates, Frances Amelia: Die okkulte Philosophie im elisabethanischen Zeitalter, Amsterdam 1991, 92.

2. Chymische Hochzeit, 5 (Ausgabe R. v. Dülmen 46).

3. Diese Berichte wurden später von S. L. Mathers u. a. Mitgliedern des Hermetic Order of the Golden Dawn studiert und bildeten damit einen wichtigen Teil des Lehrsystems dieses Ordens.

4. Yates: Okkulte Philosophie, 107.


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